Konzerne sind keine Tech Startups oder wie baue ich erfolgreich digitale Produkte in Konzernen?

Neue Produkte und Projekte in Konzernen durchzusetzen ist kein leichtes Unterfangen. Doch oft zahlt sich Durchhaltevermögen aus!

Sebastian Borggrewe
April 23, 2021

Neue Produkte und Projekte in Konzernen durchzusetzen ist kein leichtes Unterfangen. Doch oft zahlt sich Durchhaltevermögen aus! Denn innovative Produkte zu launchen ist nicht nur Startups vorbehalten, sondern kann auch in Konzernen gut funktionieren - dafür benötigt man meist nur eine Held*in und ein gutes Team! 🦸♀️🦸♂️

... und vielleicht ein, zwei oder neun andere Dinge. Diese 9 Learnings haben Carsten Anhalt (SHARE NOW), Peter Mayer (Productsquads Family) und Sebastian Borggrewe (Productsquads) auf dem Open Innovation Summit für dich zusammengestellt 👏

TL;DR: Hier findest du das Cheat Sheet.

✅ Sei sicher, dass das neue Produkt essentiell für dein Unternehmen ist!

Essentiell heißt nicht nur: Das Überleben der Firma zu sichern. Es können auch neue Markterschließungen sein. Wichtig ist, dass es strategisch ins Gesamtkonzept passt und das Board es als essentielles Projekt sieht!

Beispiel: SHARE NOW kommt aus dem Car Sharing Geschäft und sieht diesen Markt mittlerweile von Anbietern von Scooter & Bike Services und, wie Carsten Anhalt erklärt: "zu allem Überfluss steigt ein Autovermieter wie Sixt ein, und will auch noch in unseren Teich. Dann sind die Expansionsmöglichkeiten natürlich begrenzt".

Also entschied sich das Board in einen neuen Markt, nämlich Langzeitmieten einzusteigen, einen Markt der ca. 50x größer ist als Car Sharing. Das ist ein essentielles Produkt!

✅ Vereinbart vor Projektstart wie ihr Erfolg messen wollt!

Über KPIs kannst du die Entwicklung deines Erfolges messbar machen. Dabei solltest du sinnvolle KPIs wählen. 500 Millionen Umsatz in 5 Jahren ist ein schönes Ziel, aber kein KPI, die dir erlaubt frühe Erfolge auf dem Weg zu visualisieren. KPIs sollten immer eine gewisse Granularität aufweisen, die dann wiederum in z.B. den Umsatz der Firma einzahlen.

Beispiel:
Eine KPI von SHARE NOW war im oben genanntem Beispiel "Anzahl verkaufter Tage".

“Es ist wichtig, dass man sich KPIs setzt und diese auch auf verschiedenen Märkten testet." - Carsten Anhalt

✅ Gehe mit deinem Projekt nach zwei Wochen live!

Nur wenn du das Produkt live schaltest, testet du alle Stolpersteine die dir deine Unternehmes-Prozesse in den Weg legen.

  • Musst du das Produkt durch Legal prüfen lassen?
  • Gibt es konkrete Anforderungen an eine Live IT Infrastruktur
  • Gibt es ein Security Audit für neue Produkte
  • Gibt es Prozesse, die Marketing erlauben ein Veto einzulegen
  • Muss der Customer Service gebriefed werden
  • Muss das BOM einen Livegang absegnen
  • ...

Die Liste kann lang sein, oder auch sehr kurz. Fakt ist: Nach 2 Wochen ist dein Produkt noch sehr klein und die potentiellen Probleme schnell behoben.

Nach 6 Monaten wirst du an der schieren Menge an Blockern deiner unterschiedlichen Unternehmensorgane verzweifeln, was nicht selten zu einer Verzögerung um mehrere Monate führt, oder im worst-case das Produkt tötet.

✅ Platziere kleine Wetten und erhöhe jedes mal den Einsatz!

Das ist ja in der Welt der Agilität mittlerweile ein No-Brainer und hinreichend belegt. Du solltest du hier einfach Gedanken machen: Wo weiß ich noch nicht genug?Im Design Thinking spricht man hier über drei Dimensionen:

  1. Desirability - Do they want this?
    Wollen meine Nutzer das Produkt?
  2. Feasibility - Can we do this?
    Können wir das umsetzen (nicht nur technisch, sondern vllt. auch aus operativer Sicht)
  3. Viability - Should we do this?
    Das ist eher dann eine Frage von Unternehmens-Strategie oder Ethik und sollte besten falls in Punkt 1 (Sei sicher, dass das neue Produkt essentiell für dein Unternehmen ist!) beantwortet sein


So könnte eine Reihenfolge von Wetten oder Experimenten aussehen


✅ Baue neue Produkte auf einer neuen IT Infrastruktur, aber behalte die alte im Hinterkopf!

Neue Produkte, sollte man NIE (Ausnahmen bestätigen die Regeln) in bestehende Produkte von Tag 1 integrieren.

Warum?

Du bist einfacher viel langsamer, als wenn du weg vom Bestand baust.

  • Bestehende Infrastruktur ist oftmals aufwendig gestaltet um viel Last auszuhalten, aber das braucht man am Anfang eigentlich nie
  • Die Komplexität der bestehenden Produkte ist hoch und dementsprechend auch der Aufwand neue "Features" zu implementieren
  • ...

Aber du musst das Rad trotzdem nicht neu erfinden, sondern kannst dich mit Experten aus dem Unternehmen über bestehende Abläufe oder IT Infrastruktur austauschen. Das lohnt sich auch regelmäßig zu tun, denn oft lässt sich in der Re-Integration des neuen Produktes in den Bestand im Nachgang sehr viel Zeit sparen, wenn ich schon mal in Richtung der bestehenden Systeme baue (solange es mich nicht verlangsamt).

Ein weiterer Vorteil: In dem du die Unternehmens-Interne Experten dazu holst, hast du im besten Fall Menschen, die anfangen mit dir für dein Produkt zu brennen und es auch weiter treiben wollen!

✅ Stell sicher, dass es ein neues dediziertes Tech Team für dein Produkt gibt!

Dein Produkt braucht oft mehrere In-house Teams, die deine Feature Request IMMER, ich wiederhole IMMER runter priorisieren werden, weil die Cash Cows IMMER, ich wiederhole IMMER wichtiger sind!

Cash Cow schlägt Neugeschäft

Die Lösung: Forme am Anfang ein dediziertes Team, mit dem du im Kern das ganze Produkt bauen kannst. Das kann ein externes Team sein, ein dediziertes internes oder eine Mischung. (siehe auch: ➡️  Zusammenarbeit mit externen Teams mit Slavko Bevanda)
Hier hast du die volle Kontrolle über die Delivery und keiner hat Tagesgeschäft-TODOs, die wichtiger sein könnten . Mit einem dedicated Team fällt dir deine Projektumsetzung um einiges leichter.

✅ Teile deine Stakeholder in klare aktive & passive Rollen auf!

Viele Köche verderben den Brei. Das gilt fürs Kochen, aber auch für neue Projekte.

"In vielen Firmen ist es so, dass am Anfang nur wenige sich deinem Projekt zuwenden. Wenn du dann aber losläufst und das ganze Fahrt aufnimmt, dann wollen alle mit reden. Die Kunst ist es, herauszufinden, wer wirklich etwas beitragen möchte und wer einfach nur seinen Senf dazu geben will" - Peter Mayer

Neben unserem Kern Team, wozu auch das dedizierte Tech Team gehört, versuchen wir Anfang rauszufinden, wer wirklich etwas beitragen will und wer auch wirklich liefert. Dazu macht es sinn einen klaren Prozess aufzusetzen, in dem wir passive Projektbeteiligte (z.B. gewisse Fachabteilungen) mit ins Projektgeschehen integrieren. z.B. dass wir sie wöchentlich wissen lassen, was wir vorhaben und was Sie beitragen können. Du wirst sehr schnell feststellen, dass es Protagonisten gibt, die dann pro-aktiv vorschlagen, was sie beitragen können und das auch tun. Diese Menschen und Abteilungen willst du nutzen, damit sie helfen das Produkt nach vorne zu treiben.

Die zweite Gruppe will einfach nur mitdiskutieren. Diese Menschen drückst du die Delivery entweder auf oder erledigst es selber. Hier lohnen sich keine Grabenkämpfe, da dies uns wieder langsam macht! Fakten schaffen, selber machen!

So können strukturiert Informationen ausgetauscht werden


✅ Kommuniziere klare Erwartungen an dein Team und an die Stakeholder!

Erwartungsmanagement ist einer der zentralen Erfolgsfaktoren, besonders bei Tech Produkten. Denn #tech ist für viele eine Black Box und daher ist es wichtig konstant zu kommunizieren. Behalte dabei immer im Hinterkopf: Dein Unternehmen ist auf die Optimierung bestehender Produkte und Geschäftsmodelle ausgerichtet. Nicht auf die Schaffung Neuer!

"Ja, wir können eine Datenbank in einem Google Sheet hosten. Das sollte in 1 Jahr nicht mehr so sein, aber jetzt ist es das was wir brauchen!", Sebastian Borggrewe

In Richtung Team und Stakeholder heißt es hier zu kommunizieren

🤷🏼‍♀️ An welchen Stellen sind wir uns noch unsicher im Bezug auf Markt, Machbarkeit oder Unternehmenswille hier aktiv zu werden?

🏋🏻‍♀️ Welche Mitarbeit erwarte ich von dir?

🚀 Wann wollen wir das erste Teil-Produkt liefern und wie weit sind wir?


Daraufhin kann ein Tech Team beispielsweise entscheiden

🛠 Wie gut darf die Qualität sein?

📉 Kann ich hier vllt. technische Schulden aufbauen um schneller zu sein? ⬅️ Das ist per se keine schlechte Sache!

⏰ Wie muss die Architektur aussehen, dass wir pünktlich liefern können!

✅ BE A HERO ...oder finde jemanden in deiner Organisation, der diese Rolle übernimmt!

Du musst alles für das Produkt geben und eine Portion Unternehmergeist mitbringen! Das gilt für ein Startup, genau wie für ein Corporate. Stecke alle um dich herum mit Motivation und Energie an, alles für das Projekt zu tun.

"Ja mit Kiss und Kick sind wir gut gefahren, weil du zum einen die Leute einbeziehst und freundlich abholst, aber eben trotzdem forderst." - Carsten Anhalt

KISS

Auf dem Weg wirst du Verbündete finden, die dir helfen und die du sehr gut behandeln solltest, weil Sie dir helfen dein Ziel zu erreichen. Im Bereich Tech werden wir sehr gerne zu deinen Verbündeten. Get in Touch!

KICK

Manche Menschen werden sich nicht für dein Produkt interessieren und haben auch keine Lust die extra Meile zu gehen. Diese Menschen brauchen dann leider hin und wieder ein wenig Druck. Hier kommt dann der Rückhalt vom Board ins Spiel, der dir diesen Part erheblich erleichtert!

➡️ Fazit

Wir können dir garantieren, dass diese Learnings helfen, voran zu kommen. Aber einfach ist das nicht. Was wir dir anbieten können: Wir werden dein digitaler Verbündeter, damit du dich zumindest nicht um das Thema Tech sorgen musst. Wenn du dich also in diesen Learnings wiederfindest, würden wir uns freuen, mit dir einen digitalen Kaffee zu trinken.

Ansprechpartner Productsquads

Sebastian Borggrewe

Gründer & Geschäftsführer

Ich bin der Gründer der Productsquads und seit 15 Jahren als digitaler Produktentwickler tätig. Als Software Entwickler, CTO, Produktmanager... Tech by trade, product by heart!

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