Vermutlich entstehen täglich Millionen von Ideen auf der Welt. Egal ob unter der Dusche, nach einem dreistündigen Meeting oder am Esstisch zusammen mit den besten Freunden.
Aber wie geht man mit einer Idee/Opportunität um? Direkt umsetzen? Erstmal Market Research? Keinem davon erzählen oder doch Jedem? Das gilt für Gründer von Startups genauso wie für Business Owner im Corporate.
Dies ist die Geschichte vom Lesewal, einem Produkt mit welchem wir nach:
TL;DR: Ganz unten findest du unsere Learnings
Rasmus wohnt mit seiner Familie in München, die Mutter 100te Kilometer entfernt in Hamburg. Im Jahr 2019 stellt sich Rasmus die Frage, wie er eigentlich eine engere Bindung zwischen seiner Mutter und seinem Sohn fördern kann. Die Idee: Geschichten.In Rasmus Kopf wächst die Idee von Kinderhörspielen, die von Großeltern eingesprochen werden können - und diese somit jeden Abend ans Bett ihrer Enkel bringt.Zu den eingesprochenen Geschichten sollen dann wie von Zauberhand Musik und Geräusche geschnitten werden, sodass es ein echtes Hörspiel wird.Mit Sebastian findet er einen Techie und mit Corona die Opportunität die Idee zu testen. Denn Trennung ist im ersten Lockdown eher die Regel als die Ausnahme.
Und damit die Idee nicht nur eine Idee bleibt, setzen sie die zwei in die Tat um.
Das lief ungefähr so: Rasmus erzählt Sebastian seine Idee, Sebastian kauft an einem Samstag Anfang April eine SIM-Karte und steckt diese in ein altes Handy. Darauf installieren die beiden Whatsapp-Business und bauen am Sonntag eine Landing-Page für mögliche Kunden und empfehlen den Lesewal an einige Bekannte (natürlich mit dem Hinweis: Das haben wir gefunden). Der Deal: Erstes Hörspiel kostenlos, zweites bezahlt.Und bereits am Mittwoch verkaufen sie ihr erstes Hörspiel.
"Das ist der Key: einfach machen. So viele Menschen haben gute Ideen und ich denke mir dann, mach es einfach! Einmal im Jahr sollte man einfach mal eine Idee umsetzen. Dabei ist auch egal ob innerhalb eines Unternehmens oder als eigenes Produkt." - Sebastian, Gründer Productsquads
Dieser Glaube an ihre Idee ließ Sebastian und Rasmus von heute auf morgen Dinge ausprobieren, mit denen sie sonst noch nie Kontakt hatten, was anfangs auch gut war.
"Ich fand das am Anfang auch irgendwie geil, weil wir eigentlich gar nicht aus dieser ganzen Welt kommen. Und plötzlich bist du Nachts ein Kinder Hörspiel Audio Schnitt Producer. Neben Arbeit, neben deiner Familie. Wie abstrus ist das." - Rasmus Breyer, Gründer Lesewal
Gerade in Zeiten des Lockdowns läuft es gut und Sie bekommen die ersten Feature in den Medien. z.B. in der Mallorca Zeitung oder Leben & Erziehen. Es kommen immer mehr Anfragen, aktuell noch nach den ersten kostenlosen Hörspielen. Aber die werden schon noch in zahlende Kunden konvertieren… So der Plan... Schnell wird klar, dass die Beiden nicht alles alleine stemmen können und die Anfangs komplett manuellen Prozesse schnell an Ihre Grenzen stoßen.
"Also ich weiß noch, dass ich dann nächtelang dasaß und mit diesem Linux Tool versucht was zu bauen, wo wir einfach nur noch Wörter markieren mussten, die die Person gesagt hat. Und auf Basis dessen wurde dann automatisiert ein Hörspiel geschnitten." - Sebastian
Damit dauert die Bearbeitung der Hörspiele keine 20, sondern nur noch 2 Minuten. Und so konnte die Vielzahl an Kundenanfragen auch bewältigt werden. Außerdem kam mit Felizitas eine Werkstudentin mit ins Team, um beim Schnitt zu unterstützen.
Nach dem ersten Lockdown flacht die Nachfrage langsam ab und wir müssen nun stärker an der Zielgruppe und deren Ansprache arbeiten. Denn viele wollen das erste kostenlose Hörspiel und sind sehr begeistert, aber kaufen dann kein weiteres nach…
Doch genau das wollen wir und um das zu erreichen startet unser erstes Experiment: Mögliche Kunden auf Instagram finden und kontaktieren. Da diese Plattform vor Eltern-, Mama-, oder Papa-bloggern nur so wimmelt, wird einer nach dem anderen kontaktiert. Zuerst nur um Reichweite zu bekommen und in Follow-trains zu gelangen. Später dann auch um Kooperationen mit Influencern einzugehen, denen mögliche Lesewalkunden folgen. Nach wochenlangem Finger-wund-tippen jedoch das Ergebnis: Wir generieren zwar viel Traffic, aber haben hohe Abbruchquoten. Außerdem erreichen wir nur Eltern, diese haben jedoch absolut keine Zeit, ein Hörspiel aufzunehmen. Das heißt nur eins: neues Experiment!
Beim ersten realen Treffen im Sommer 2020 haben Sebastian, Rasmus und Felizitas dann die Erkenntnis: sie müssen die Zielgruppe wechseln.
Denn wer hat, im Gegensatz zu den Eltern, Zeit und Lust ausführlich eine Geschichte vorzulesen? Genau, Oma und Opa! So bauen die 3 innerhalb eines Tages die Landing Page Oma und Opa gerecht um, sodass genau diese angesprochen werden. - Aber, wie erreichen wir die Großeltern? Auf welchem Kanal sind die unterwegs?
"Also Eltern erreicht man relativ gut über Instagram würde ich sagen, aber wo sind die Großeltern? In der Apothekenumschau?" - Rasmus
Und tatsächlich, die Großelterngeneration hat kein Medium, über die man sie erreichen könnte - oder das Lesewalteam hat es zumindest bisher nicht gefunden. Denn sie ergriffen eine neue Strategie: Rekrutierung der Großeltern über die Eltern. Denn wer sagt schon nein, wenn sich das Enkelkind eine selbst gesprochene Gute-Nacht-Geschichte wünscht? Nur Unmenschen würde man denken, jedoch zeigt auch die Lesewalstatistik, dass dies immer noch nicht der richtige Weg war, die Zielgruppe nachhaltig zu erreichen.
Denn Sebastian und Rasmus hatten sich im Frühjahr 2020 ein Ziel gesetzt: 6 Monate Zeit, um die aus der Idee ein profitables Produkt zu machen. Jetzt ist November 2020, die Frist ist abgelaufen und der Lesewal schwimmt nicht mehr. Sebastian und Rasmus haben sich vor allem bewusst für ein richtiges Ende entschieden, weil nur wenige über Enden reden. Die meisten lassen das Ende weg, aber dann kann auch niemand aus deren Erfahrungen lernen.
"Wir wollen lieber ein klares Ende, um auch für uns nochmal die Möglichkeit zu haben, unsere Learnings aufzubereiten und diese für uns und andere zu teilen." - Sebastian
"Also es gibt ja tausend Dinge, mit denen du dein Geld verdienen kannst. Aber wenn es dich irgendwie nicht im Herzen berührt und du dich nicht wirklich dran glaubst, dass es eine coole Sache ist und Mehrwert spendet, dann es ist halt auch relativ egal, ob nachher der Business Case positiv ist. Dann macht es einfach keinen Spaß." - Sebastian