- Felizitas Eglof
In 48h zum MVP: Der Lesewal đł
Wie man eine Idee möglichst Lean umsetzt, warum Kill-Gates bei neuen Produkten wichtig sind und warum der Lesewal nicht mehr schwimmt.
Vermutlich entstehen tĂ€glich Millionen von Ideen auf der Welt. Egal ob unter der Dusche, nach einem dreistĂŒndigen Meeting oder am Esstisch zusammen mit den besten Freunden.
Aber wie geht man mit einer Idee/OpportunitĂ€t um? Direkt umsetzen? Erstmal Market Research? Keinem davon erzĂ€hlen oder doch Jedem? Das gilt fĂŒr GrĂŒnder von Startups genauso wie fĂŒr Business Owner im Corporate.
Dies ist die Geschichte vom Lesewal, einem Produkt mit welchem wir nach:
48h live gingen
5 Tagen unseren ersten ⏠verdienten
6 Monaten unser Kill-Gate erreichten und das Produkt "töteten"
TL;DR: Ganz unten findest du unsere Learnings
Die Idee
Rasmus wohnt mit seiner Familie in MĂŒnchen, die Mutter 100te Kilometer entfernt in Hamburg. Im Jahr 2019 stellt sich Rasmus die Frage, wie er eigentlich eine engere Bindung zwischen seiner Mutter und seinem Sohn fördern kann. Die Idee: Geschichten. In Rasmus Kopf wĂ€chst die Idee von Kinderhörspielen, die von GroĂeltern eingesprochen werden können - und diese somit jeden Abend ans Bett ihrer Enkel bringt. Zu den eingesprochenen Geschichten sollen dann wie von Zauberhand Musik und GerĂ€usche geschnitten werden, sodass es ein echtes Hörspiel wird. Mit Sebastian findet er einen Techie und mit Corona die OpportunitĂ€t die Idee zu testen. Denn Trennung ist im ersten Lockdown eher die Regel als die Ausnahme.
Und damit die Idee nicht nur eine Idee bleibt, setzen sie die zwei in die Tat um.
Der erste Prototyp

"Das ist der Key: einfach machen. So viele Menschen haben gute Ideen und ich denke mir dann, mach es einfach! Einmal im Jahr sollte man einfach mal eine Idee umsetzen. Dabei ist auch egal ob innerhalb eines Unternehmens oder als eigenes Produkt." - Sebastian, GrĂŒnder Productsquads
Das lief ungefĂ€hr so: Rasmus erzĂ€hlt Sebastian seine Idee, Sebastian kauft an einem Samstag Anfang April eine SIM-Karte und steckt diese in ein altes Handy. Darauf installieren die beiden Whatsapp-Business und bauen am Sonntag eine Landing-Page fĂŒr mögliche Kunden und empfehlen den Lesewal an einige Bekannte (natĂŒrlich mit dem Hinweis: Das haben wir gefunden). Der Deal: Erstes Hörspiel kostenlos, zweites bezahlt. Und bereits am Mittwoch verkaufen sie ihr erstes Hörspiel.
Wenn ich so zurĂŒckdenke hatten wir einen unglaublichen Believe in diese Idee und wir haben alles gemacht um sie zu verwirklichen. - Rasmus, GrĂŒnder vom Lesewal
Dieser Glaube an ihre Idee lieĂ Sebastian und Rasmus von heute auf morgen Dinge ausprobieren, mit denen sie sonst noch nie Kontakt hatten, was anfangs auch gut war.
Ich fand das am Anfang auch irgendwie geil, weil wir eigentlich gar nicht aus dieser ganzen Welt kommen. Und plötzlich bist du Nachts ein Kinder Hörspiel Audio Schnitt Producer. Neben Arbeit, neben deiner Familie. Wie abstrus ist das. - Rasmus
Erste Erfolge & Technik-/Team-Erweiterung
Gerade in Zeiten des Lockdowns lÀuft es gut und Sie bekommen die ersten Feature in den Medien. z.B. in der Mallorca Zeitung oder Leben & Erziehen
Es kommen immer mehr Anfragen, aktuell noch nach den ersten kostenlosen Hörspielen. Aber die werden schon noch in zahlende Kunden konvertieren⊠So der Plan...
Schnell wird klar, dass die Beiden nicht alles alleine stemmen können und die Anfangs komplett manuellen Prozesse schnell an Ihre Grenzen stoĂen.
Also ich weià noch, dass ich dann nÀchtelang dasaà und mit diesem Linux Tool versucht was zu bauen, wo wir einfach nur noch Wörter markieren mussten, die die Person gesagt hat. Und auf Basis dessen wurde dann automatisiert ein Hörspiel geschnitten. - Sebastian
Damit dauert die Bearbeitung der Hörspiele keine 20, sondern nur noch 2 Minuten. Und so konnte die Vielzahl an Kundenanfragen auch bewÀltigt werden.
AuĂerdem kam mit Felizitas eine Werkstudentin mit ins Team, um beim Schnitt zu unterstĂŒtzen.
Wir experimentieren uns aus dem Tal
Nach dem ersten Lockdown flacht die Nachfrage langsam ab und wir mĂŒssen nun stĂ€rker an der Zielgruppe und deren Ansprache arbeiten. Denn viele wollen das erste kostenlose Hörspiel und sind sehr begeistert, aber kaufen dann kein weiteres nachâŠ
Doch genau das wollen wir und um das zu erreichen startet unser erstes Experiment: Mögliche Kunden auf Instagram finden und kontaktieren.
Da diese Plattform vor Eltern-, Mama-, oder Papa-bloggern nur so wimmelt, wird einer nach dem anderen kontaktiert. Zuerst nur um Reichweite zu bekommen und in Follow-trains zu gelangen. SpÀter dann auch um Kooperationen mit Influencern einzugehen, denen mögliche Lesewalkunden folgen.
Nach wochenlangem Finger-wund-tippen jedoch das Ergebnis: Wir generieren zwar viel Traffic, aber haben hohe Abbruchquoten. AuĂerdem erreichen wir nur Eltern, diese haben jedoch absolut keine Zeit, ein Hörspiel aufzunehmen. Das heiĂt nur eins:
neues Experiment!
Beim ersten realen Treffen im Sommer 2020 haben Sebastian, Rasmus und Felizitas dann die Idee: sie mĂŒssen die Zielgruppe wechseln.
Denn wer hat, im Gegensatz zu den Eltern, Zeit und Lust ausfĂŒhrlich eine Geschichte vorzulesen? Genau, Oma und Opa!
So bauen die 3 innerhalb eines Tages die Landing Page Oma und Opa gerecht um, sodass genau diese angesprochen werden. - Aber, wie erreichen wir die GroĂeltern? Auf welchem Kanal sind die unterwegs?
Also Eltern erreicht man relativ gut ĂŒber Instagram wĂŒrde ich sagen, aber wo sind die GroĂeltern? In der Apothekenumschau? - Rasmus
Und tatsĂ€chlich, die GroĂelterngeneration hat kein Medium, ĂŒber die man sie erreichen könnte - oder das Lesewalteam hat es zumindest bisher nicht gefunden. Denn sie ergriffen eine neue Strategie: Rekrutierung der GroĂeltern ĂŒber die Eltern. Denn wer sagt schon nein, wenn sich das Enkelkind eine selbst gesprochene Gute-Nacht-Geschichte wĂŒnscht?
Nur Unmenschen wĂŒrde man denken, jedoch zeigt auch die Lesewalstatistik, dass dies immer noch nicht der richtige Weg war, die Zielgruppe nachhaltig zu erreichen.
Ich glaube das war dann auch schon zu einem Zeitpunkt, wo wir halt gemerkt haben so nach und nach es wird schwieriger mit unserem Produkt. - Sebastian
Letâs kill it
Denn Sebastian und Rasmus hatten sich im FrĂŒhjahr 2020 ein Ziel gesetzt: 6 Monate Zeit, um die Idee umzusetzen, sie zu gestalten und sie wachsen zu lassen.
Jetzt ist November 2020, die Frist ist abgelaufen und der Lesewal schwimmt nicht mehr. Sebastian und Rasmus haben sich vor allem bewusst fĂŒr ein richtiges Ende entschieden, weil nur wenige ĂŒber Enden reden. Die meisten lassen das Ende weg, aber dann kann auch niemand aus deren Erfahrungen lernen.
Wir wollen lieber ein klares Ende, um auch fĂŒr uns nochmal die Möglichkeit zu haben, unsere Learnings aufzubereiten und diese fĂŒr uns und andere zu teilen. - Sebastian
Unsere Learnings
1. Teile deine Idee und erschaffe etwas ZUSAMMEN - nicht als Lonely Rider đ Das gilt nicht nur fĂŒr GrĂŒnder. Wenn du im Konzern arbeitest, ist es auch da wichtig sich VerbĂŒndete zu suchen, die an deine Idee glauben! Alleine wird es schwer!
2. Mach einfach mal, statt die 10te Market Research zu machen, oder im 5ten Business Case direkt alles kaputt zu rechnen. Die meisten Ideen lassen sich mit KreativitÀt super schnell testen. In unserem Fall: Simkarte, altes Handy, Website Baukasten Wix und GarageBand.
3. Denk in Experimenten! Bau nicht 3 Monate an etwas rum, wo du kein Feedback bekommst. Lieber schnell nach 2 Tagen oder 2 Woche raus. Feedback holen und fĂŒr das nĂ€chste Experiment nutzen! đ§Ș
Also es gibt ja tausend Dinge, mit denen du dein Geld verdienen kannst. Aber wenn es dich irgendwie nicht im Herzen berĂŒhrt und du dich nicht wirklich dran glaubst, dass es eine coole Sache ist und Mehrwert spendet, dann es ist halt auch relativ egal, ob nachher der Business Case positiv ist. Dann macht es einfach keinen SpaĂ. - Sebastian
4. Setz dir klare Ziele und Gates. Dran bleiben ist zwar wichtig, aber wenn du dein 10tes Ziel gerissen hast, ist es auch nicht sonderlich Smart ein totes Pferd zu reiten. Aus unserer Erfahrung sind 6-9 Monate eine gute Zeitspanne, in der man viel Lernen kann. Danach solltest du eine gute Idee haben, ob etwas Funktioniert. Sei dann ehrlich zu dir selbst und kill das Produkt, wenn es nicht lÀuft.
5. Man kann auch Ideen erst in kleinem Rahmen testen, neben deinen Hauptaufgaben. Nicht alles muss direkt ein Riesenprojekt werden.
Und das war fĂŒr mich ein Riesen Learning, in gewissem Grade auch neben meinen anderen Themen, so etwas ausprobieren zu können. Das fand ich interessant und davon hab ich auch in meinem Job profitiert. - Rasmus
Funktioniert das eigentlich auch in gröĂeren Firmen? Ja. Das kann auch in gröĂere Firmen funktionieren.
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